Rebeka Masarova hat im Jahr 2016 die French Open der Juniorinnen gewonnen und wurde durch ihre Auftritte in Gstaad, wo sie unter anderem Jelena Jankovic nach Hause schicken konnte, auch außerhalb der Schweiz bekannter. Da sie erst 18 Jahre jung ist und Prognosen wie eine Pusteblume im Sandsturm sind, möchte ich in diesem Artikel auf die spielerischen und charakterlichen Fähigkeiten der großgewachsenen Schweizerin, die jetzt für Spanien spielt, eingehen.
Groß, beweglich, talentiert
Die neue Tennisgeneration wirft immer mehr junge Spieler ins Rennen die groß, aber beweglich sind. Dazu zähle ich Alexander Zverev, Nick Kyrgios, den meiner Meinung nach hochtalentierten Sebastian Korda und eben Rebeka Masarova.
Es ist erstaunlich, wie sie sich auf dem Platz bewegt, obwohl sie relativ groß ist.
Besonders die Beinarbeit in der Nähe der Grundlinie, in schnellen Ballwechseln, ist für ihre jungen Jahre bemerkenswert und eine Grundlage, auf der sie ihr gesamtes Spiel aufbauen könnte. Man merkt, dass sie das Spiel versteht. Die Balance stimmt, ab und an fehlt es noch an der Übersetzung und den kleinen Schritten zum Ball hin, was noch zu Fehlern führt.
Wie viele, pardon, sehr sehr viele andere junge Damen, spielt Masarova die Bälle sehr flach und gerade – was strategisch nicht immer die beste Entscheidung ist. Da sie durch ihre Beweglichkeit und Balance an der Grundlinie hervorragende Winkel und Möglichkeiten hätte die Bälle mit mehr Spin zu spielen, verwundert die eher brachiale Spielausrichtung. Schaut man sich eine Simona Halep oder auch Caroline Wozniacki an sieht man (Frau), dass auch etwas langsamer und halhhoch gespielte Bälle zum Erfolg führen können.
Besonders auf dem Niveau, auf dem Masarova spielt, kann ein flexibles Grundlinienspiel zu mehr Fragen bei der Gegnerin führen. Mehr Fragen führen zu mehr Fehlern bei den Gegnerinnen. Eine Facette, die dem Spiel von Masarova erst noch aus dem Keller geholt und abgestaubt werden muss, damit sie auf dem Platz präsentiert werden kann.
Vielen Spielerinnen fehlen die technischen Mittel und das Spielverständnis, um das eigene Grundlinienspiel variabel zu gestalten. So wie ich Masarova gesehen habe, könnte sie hier ihre Möglichkeiten, die ihr Spiel ihr gibt, besser ausspielen. Grigor Dimitrov hatte sehr lange ähnliche Probleme.
Der Aufschlag zählt laut ihren eigenen Angaben zu ihrem Lieblingsschlag. Und die Variation, die sich bei diesem Schlag spielt zeigt, dass sie große Freude an den vielen Möglichkeiten auf dem Tennisplatz hat.
Erster Aufschlag drauf, zweiter Aufschlag Kick?
Nee.
Rebeka Masarova versteht es manchmal noch etwas unkonzentriert, den Slice nach außen zu spielen, wenn es 30:30 steht. Sie kann hart cross servieren, aber auch Slice durch die Mitte.
Die Flexibilität, die sie beim Aufschlag zeigt, fehlt an der Grundlinie ein wenig.
Die rasende Achterbahn
Man steigt ein, schnallt sich an und weiß nicht so recht, was in den nächsten Minuten passieren wird.
Dann geht die Fahrt los, man wird in den Sitz gedrückt und es schießen einem zahllose Gedanken durch den Kopf – ohne das man nach der Fahrt schlauer ist als vorher.
Schaut man sich Rebeka Masarova zwischen den Ballwechseln in einem Match an gewinnt man den Eindruck, als wäre sie gerade mitten in einer solchen Achterbahnfahrt 😉
Die Gedanken schießen kreuz und quer, mal weiß Rebeka nicht so recht, was sie mit ihrem Potenzial an Schlägen anfangen soll, dann wiederum scheint sie überrascht über das, was sie gespielt hat. Sie scheint mehr von den Emotionen, als von der Spielidee in ihrem Kopf getrieben zu werden.
Hier gibt es dazu einen Artikel: Emotionale Intelligenz auf dem Tennisplatz.
So geht die Achterbahnfahrt immer weiter, ohne zwischendurch zu einem Stopp zu kommen, der für Ruhe sorgen würde. Der glasklare Plan, die in Baumrinde geschnitzte Spielidee, scheint noch zu fehlen. Es wirkt wie ein Freestyle, nicht wie ein einstudierter Text.
Das Chaos, welches jedes Tennismatch mit sich bringt, gewinnt ab und an das Daumencatchen gegen die junge Spanierin. Bekommt sie selbst den Daumen auf das Match, dann läuft`s. Bekommt sie nicht den gewünschten Zugriff auf das Geschehen, stolpert sie noch. Alles Kopfsache.
Umfallen, aufstehen, weitermachen
Sitzt man in einem Restaurant und erhält eine Speisekarte mit 122 Gerichten, fällt die Auswahl schwer.
Sitzt man in einem Restaurant und erhält eine Speisekarte mit 12 Gerichten, fällt die Auswahl dagegen leicht.
Rebeka Masarova hat mit der Kombination aus Größe, Beweglichkeit und den spielerischen Möglichkeiten alles, was es braucht. Aber gerade dieses Paket an Optionen kann zu einer wahren Bürde werden, die man erstmal auf den Rücken schnallen muss um zu merken, wie man damit umzugehen hat.
Die Aufmerksamkeit und das Lob, welches sie durch ihre frühen Erfolge in viel zu jungen Jahren erfahren hat, haben sie in eine Position gebracht, in der sie nur verlieren kann.
Der Verlauf einer jungen Karriere ist eigentlich von kleinen Steigerungen, mit Ausrutschern nach unten, gekennzeichnet:
Bei Rebeka Masarova ist diese Kurve allerdings etwas anders verlaufen:
Da es im Leben aber so ist, dass man zunächst etwas Unbequemes durchmachen muss, bevor man belohnt wird, wird die Belohnung für Rebeka Masarova größer sein, als für andere Spielerinnen. Wenn man an einem schönen Strand liegen will, muss man zuvor erst in einem viel zu engen, rappelnden Flugzeug sitzen.
Wenn sie bereit ist den langen Weg aus Lernen, Spielen und Kämpfen zu gehen, wird sich die Qualität auf Dauer durchsetzen.
Ein toller Strand ist ein toller Strand. Auch wenn der Weg dahin lang ist 😉
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